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Gastbeitrag Teil 2: Patentanmeldung und Escrow

Dieser Blogbeitrag und die Teile eins und drei dieses Beitrages sind Gastbeiträge des Patentanwaltes Matthias Winter.

 

Teil 2 Patentrechte

II. Patentrechte

A. Patentanmeldung und Priorität

Erfindungen können bei den Patentämtern als Patentanmeldungen eingereicht werden. Je nach Anmeldeamt kann ein Patent, sofern es später erteilt wird, seinen Schutz geografisch entfalten. Patentanmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) werden nach Erteilung zu deutschen Patenten, Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt (EPA) können entweder in nationale Patente der EPÜ-Mitgliedsstaaten zerfallen oder in naher Zukunft als Patent mit einheitlicher Wirkung, sogenanntes Einheitspatent, für eine Auswahl an Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erteilt werden.

Innerhalb eines Jahres nach der Anmeldung, dem sogenannten Prioritätsjahr, kann eine Nachanmeldung für die Erfindung vorgenommen werden. Die Erfindung wird dabei bei weiteren Patentämtern, insbesondere international, hinterlegt. Diese Nachanmeldung wird bei Beanspruchung der Priorität so behandelt, als wäre sie an demselben Tag wie die ursprüngliche (Prioritäts-) Anmeldung eingereicht worden.

Das Prioritätsjahr ist dafür gedacht, dass die Anmelderin sich eine Patentstrategie überlegen und trotzdem die Anmeldung so schnell wie möglich einreichen kann. Denn bei Patenten gilt der Neuheitsgrundsatz: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das heißt, die Patentanmeldung mit dem früheren Anmeldetag steht der Erteilung einer späteren Patentanmeldung mit demselben Erfindungsgegenstand entgegen.

 

Patent anmelden

B.    Der Schutzumfang eines Patents
Patente schützen Erfindungen und erlauben der Inhaberin, gegen die Benutzung der Erfindung durch unberechtigte Dritte vorzugehen. Der Schutzbereich entfaltet sich aus den unabhängigen Patentansprüchen, von denen jedes Patent zumindest einen hat.
Ein Patentanspruch beschreibt den Kern der geschützten Erfindung so breit wie möglich und so eng wie nötig. Das Ziel ist es, den Schutzbereich auf so viele Anwendungen wie möglich zu erstrecken. Allerdings muss jeder geschützte Gegenstand die gesetzlichen Erfordernisse der Patentierbarkeit erfüllen, was der Patentanspruch entsprechend wiedergeben muss. Zwei dieser Erfordernisse sind die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit.
Ein Erfindungsgegenstand ist dann neu, wenn er nicht aus dem Stand der Technik bekannt ist. Das bedeutet, er darf vor dem Anmeldetag nicht in einer einzelnen Quelle beschrieben worden sein. Das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit ist weicher und damit komplexer. Denn ein Erfindungsgegenstand basiert dann auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn er sich nicht aus dem Stand der Technik herleiten lässt. Dabei ist es zulässig – wenngleich unter bestimmten Voraussetzungen – mehrere Quellen miteinander zu kombinieren. In der Folge muss sich der mit dem Patentanspruch beschriebene Erfindungsgegenstand hinreichend vom gesamten Stand der Technik abgrenzen.
Der Wunsch eines breiten Patentanspruchs und das Erfordernis eines engen Patentanspruchs führen zu einer für Patente sehr charakteristischen, wenngleich nicht unbedingt verständlichen Sprache. Diese Sprache muss einerseits die hinreichende technische Abgrenzung ermöglichen und andererseits die juristische Auslegungsfähigkeit erhalten.
Patente besitzen neben dem Anspruch auch eine Beschreibung der Erfindung, die in den allermeisten Fällen durch Bilder, die sogenannten Figuren, gestützt wird. In der Beschreibung kann die Anmelderin alles nennen, was ihres Erachtens notwendig für das Verständnis der Erfindung notwendig ist. Sehr häufig ist es jedoch auch genau das und nicht mehr. Für Erfindungen beispielsweise, in denen Software zum Einsatz kommt, sogenannte computerimplementierte Erfindungen, wird in der Regel die Funktion der Software beschrieben. Wie diese Funktionen dann aber als Programmcode umgesetzt werden, ist in der Regel nicht beschrieben.
Auch wenn die Beschreibung zur Interpretation der Patentansprüche herangezogen werden kann, so bestimmt sich der Schutzumfang des Patents allein aus den Ansprüchen selbst. Ein Merkmal, das beispielsweise nur in der Beschreibung, nicht aber in den Ansprüchen zu finden ist, trägt nicht unbedingt zum Schutzumfang bei.

 

C.    Software-Escrow
Der Begriff des Escrow stammt aus dem englischen und beschreibt im eigentlichen Sinne Treuhand oder Hinterlegung. Im wirtschaftlichen Sinne beschreibt er einen Zwischenschritt beim Abschluss eines Handels zwischen zwei Parteien.
Der Escrow-Dienstleister, auch Escrow-Agent genannt, verwahrt ein Objekt so lange, bis die Bedingung für die Herausgabe an die betreffende Vertragspartei eingetroffen ist. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen. Unternehmen A möchte einen Gegenstand an Unternehmen B übertragen. Die Übertragung ist jedoch nicht einfach, da A hierfür gewisse Schritte unternehmen muss, etwa Anträge stellen, einen Notar bestellen oder Ähnliches. Die Übertragung des Gegenstands ist für B außerdem an bestimmte Bedingungen geknüpft. B kann die Bedingungen allerdings erst dann erfüllen, wenn A mit der Übertragung begonnen hat.
Nun besteht die Möglichkeit, dass A die Übertragung initiiert, B die Bedingungen nicht erfüllt und der Gegenstand vertragswidrig von A an B übergeht. Um dies zu verhindern, können A und B vereinbaren, dass der Gegenstand zuerst an einen Escrow-Dienstleister C übergeht, der den Gegenstand so lange verwahrt, bis B die Vertragsbedingungen erfüllt. Wenn dies der Fall ist, kann C den Gegenstand an B weitergeben. Sollte B die Bedingungen nicht erfüllen, würde C den Gegenstand an A zurückgeben.
Dieses Konzept kann auch auf Software angewandt werden. Unternehmen, die auf die Verwendung von Software angewiesen sind, müssen sich darauf verlassen können, dass die Software bereitgestellt wird, selbst wenn der Software-Anbieter insolvent geht oder aus anderen Gründen an der Bereitstellung seines Produkts gehindert wird. Als Gegenstand wird von Software-Escrow-Dienstleistern die Software als solche, insbesondere als Quellcode hinterlegt. Sollte nun der Softwareanbieter aus welchen Gründen auch immer nicht länger in der Lage sein, die Software anzubieten, kann sich die Lizenznehmerin an den Escrow-Dienstleister wenden und die Herausgabe der Software verlangen, um den eigenen Betrieb zu schützen.

 

D.    Voraussetzungen für (Software-) Patente
Wie bereits erwähnt muss die Erfindung die Erfordernisse der Patentierbarkeit erfüllen, damit die Ämter ein Patent für die Erfindung erteilen. Neben den beschriebenen Erfordernissen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit muss die Erfindung auch technisch sein und sie darf nicht grundsätzlich von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sein. Letzteres ist im Besonderen bei Software unter Umständen der Fall, worin der Mythos „Software ist nicht patentierbar“ kommt. Allerdings ist dies nicht richtig, denn Software kann in Form einer sogenannten computerimplementierten Erfindung dem Patentwesen zugänglich sein.
Ob eine softwarebasierte Erfindung dem Patentwesen zugänglich ist oder nicht, ist immer eine Einzelfallfrage und kann nur bedingt vorhergesagt werden. Um das Patentierbarkeitsverbot zu umgehen, muss eine solche Erfindung einen technischen Effekt haben. Klassische Beispiele dafür sind das Antiblockiersystem (ABS) in einem Kfz, bei dem eine Software die Bremse so ansteuert, dass sie effizienter bremst, oder Authentifizierungsverfahren, die die Sicherheit von digitaler Kommunikation erhöhen.
Ob die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllt sind, wird in einem Prüfungsverfahren durch das Anmeldeamt geprüft. Zunächst erfolgt eine Formalprüfung, auf die eine materiell-rechtliche Sach-Prüfung folgt. In der Formalprüfung prüft das Amt, ob die eingereichten Unterlagen die formellen Anforderungen wie Format, Zahlung der Gebühren etc. erfüllen und ob sie vollständig ist.
Bei der Sachprüfung wird durch die Prüferinnen zuerst eine Recherche nach dem Erfindungsgegenstand durchgeführt. Dabei wird der weltweit verfügbare Stand der Technik berücksichtigt. Das bedeutet, eine Erfindung, die beispielsweise in China bekannt ist, kann in Deutschland nicht als Patent angemeldet werden (Neuheitsgrundsatz). Die Prüferinnen selbst sind in der Regel Fachleute für das ihnen jeweils zugewiesene technische Gebiet. Dadurch stellen die Ämter eine hohe Fach-Kompetenz bei der Prüfung sicher.
Wenn die Patentprüferinnen davon ausgehen, dass die Erfindung nicht den Erfordernissen der Patentierbarkeit genügt, teilen sie dies der Anmelderin mit einem Prüfungsbescheid mit. Die Anmelderin hat dann eine bestimmte Frist, um auf diesen Bescheid zu antworten. Grundsätzlich hat die Anmelderin drei Möglichkeiten: den Schutzumfang der unabhängigen Ansprüche beschränken, um die Erfindung vom Stand der Technik abgrenzen, die Ansprüche unverändert zu verteidigen oder die Anmeldung zurückzunehmen.
Wichtig ist, dass die Anmeldeunterlagen dürfen nach der Einreichung beim Patentamt nicht erweitert und nur begrenzt geändert werden dürfen. Eine Beschränkung der unabhängigen Patentansprüche und damit des potenziellen Schutzumfangs ist möglich, unterliegt aber strengen Regelungen.
Hat die Anmelderin eine Fassung der Patentansprüche eingereicht, erteilt das Amt ein Patent auf die Erfindung. Die maximale Patentlaufzeit beträgt 20 Jahre ab dem Anmeldetag. Es gibt Fälle, in denen sich die Prüfung so lange hinzieht, dass das erteilte Patent nur wenige Jahre oder gar Monate in Kraft ist, bevor es seine Wirkung verliert. Diese Fälle sind jedoch eher selten.

Teil 1 des Beitrages

Teil 3 des Beitrages

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